Keel philosophiert... Diesmal über Lebens(t)räume

02.04.2019 -

Artikel von Albert Keel

Lebens T Raeume 3

Schweissgebadet wache ich auf. Dunkelheit um mich herum. Stille. Fast Totenstille. Fast. Wäre da nicht das ruhige, gleichmässige Atmen meiner geliebten Partnerin. Einem Anker gleich. Daran kann ich mich festhalten. Orientieren. Denn gedanklich befand ich mich irgendwo zwischen Realität und Fiktion. Irgendwie schwebend, schwankend zwischen einer Parallelwelt und unserem Schlafzimmer. Aufgewühlt.

Das hatte nichts, aber auch gar nichts mit Lebenstraum zu tun. Auch nicht mit Lebensraum. Oder doch? Und weshalb kam mir beim Aufschrecken aus dem Schlaf gerade diese Wortspielerei «Lebens(t)raum» in den Sinn? Vielleicht, weil ich mal wieder in Verzug war mit meinem Artikel für diesen Blog? Oder beschäftigte mich mein aktueller Lebensraum, der vielleicht so nicht mehr mit meinem Lebenstraum übereinstimmt? Oder widerspiegelten sich die Gespräche der letzten Tage mit meiner Liebsten über Lebensträume weg aus den konventionellen Lebensräumen in all diesen Gedanken? Irgendwie wirr, mein Gedankenkonstrukt an diesem noch jungfräulichen, dunklen Morgen.

 

Mein Handy zeigte zum Glück erst 03:58 Uhr. Noch eine Stunde Zeit, entweder nochmals versuchen einzuschlafen oder mich gedanklich mit meinen Sehnsüchten und Wünschen, eben Lebensträumen auseinanderzusetzen. Jetzt hätte ich Zeit dazu. Und Ruhe. Und während ich so dahindenke, kann es sein, dass Sie beim Lesen dieser Zeilen selbst grad abschweifen und sich Gedanken über Ihre eigenen Lebens(t)räume machen. Sich selbst die Frage stellen, stimmt mein gelebter Lebensraum auch mit meinem Lebenstraum überein oder gibt es da diese immer wieder aufflackernden «es wäre doch schön…» oder «…wenn ich könnte, würde ich…».

 

Mit all diesen Gedanken ist morgens um vier nicht mehr an Schlaf zu denken. Vielmehr beschäftigt mich meine Ehrlichkeit, meine Klarheit über meinen heute gelebten Lebensraum. Ist er das, was er sein könnte, sein sollte, sein müsste? Kann ich mich in meinem heutigen Lebensraum, mit meinem Umfeld, in meiner Lebenssituation nach meinen Vorstellungen frei bewegen, mich entfalten, wachsen? Macht mein Lebensraum Sinn? Gibt er mir Inhalt, Halt, Zufriedenheit? Oder träume ich von einem anderen Lebensraum, einem anderen Umfeld, in dem in meiner Vorstellung vieles anders und vieles besser wäre?

 

Plötzlich ertönt leise und sanft «The Sound of Silence» auf meinem Handy. Weckzeit. Kurz vor fünf. Irgendwie bin ich mit der Fülle meiner Gedanken nochmals eingeschlafen. Ganz tief. Und jetzt fühlt es sich gut an. Fühle mit wohl. Zufrieden. Sehe im Halbdunkeln meine Partnerin. Ertaste ihre Nähe. Höre ihr gleichmässiges, ruhiges Atmen. Bin voller Dankbarkeit. Bin glücklich. Ich lächle mit dem Wissen, dass mein Lebensraum nicht von einem Lebenstraum verdrängt werden will. Nicht jetzt.

Ihr Albert Keel