Mit geschlossenem Wäschekreislauf gegen hochinfektiöse Noroviren

08.11.2017 - Hygiene, Umwelt

Artikel von Albert Keel

Wäsche Transportwagen Transportkisten Ekkarthof Lengwil 069

Hygiene ist Ihr Steckenpferd: Ursina Schürmann leitet die Wäscherei der Stiftung für Schwerbehinderte Luzern (SSBL) und ist momentan damit beschäftigt, den Wäschekreislauf für 24 Wohngruppen zu schliessen. Damit sollen Kreuzkontaminationen vermieden und gefährliche Viren und Bakterien aus dem sauberen Teil der Wäscherei eliminiert werden.

MAKK: Welche Menge an Wäsche kommt bei Ihnen zusammen und wird gewaschen?

Ursina Schürmann: An einem Montag sind das gerne mal 500 bis 700 Kilogramm Wäsche (ohne Flachwäsche), die verarbeitet werden muss.

MAKK: Gibt es Stationen in der Wäschelogistik, die besonders von Keimen und Bakterien gefährdet sind?

Ursina Schürmann: Wenn wir Wäsche erhalten, die Noroviren* enthalten, ist besondere Achtsamkeit gefragt. Damit wir aber selber nicht mit der Wäsche in Berührung kommen, haben wir spezielle Plastiksäcke eingeführt, bei denen sich das Verschlussband beim Waschen auflöst. Wenn ein Mitarbeitender entgegen der Anweisungen doch den Sack zuknotet und uns damit zwingt, den Sack zu öffnen, tragen wir Masken, um das Risiko einer Ansteckung zu minimieren.
Im Sortierbereich achte ich zudem peinlich genau darauf, dass den Mitarbeitenden bewusst ist, dass Handschuhe und Einwegschürzen getragen werden, dass Hände im Gesicht nichts verloren haben und der Prozess, wie gehe ich mit problematischer Wäsche um, sitzt.
*Noroviren sind Durchfallerreger. Die Übertragung erfolgt über den Mund oder die Nase. Erkrankte leiden an schwallartigem Erbrechen und starkem Durchfall. Noroviren sind weltweit verbreitet. Es gibt keine Medikamente bzw. Impfungen zur Vorbeugung.

MAKK: Wie organisieren Sie den Wäschekreislauf?

Ursina Schürmann: Wir sind gerade mit den Umbauarbeiten für einen geschlossenen Kreislauf beschäftigt. Damit verhindern wir, dass sich in Zukunft schmutzige und saubere Wäsche kreuzt.
Im Sortierbereich wird die ganze Schmutzwäsche angeliefert. Für die Flachwäsche arbeiten wir mit einer externen Wäscherei zusammen, weil die Kapazitäten der Maschinen und Räumlichkeiten hier nicht mehr vorhanden sind. Bis im Januar hatten wir noch 120 Bewohnerinnen und Bewohner. Nun sind die Neubauten eröffnet und die Zahlen auf 185 raufgeschnellt. Das bedeutet beinahe das Doppelte an Wäsche für uns.
Bei der Sortierung unterscheiden wir zwischen Bewohner-, Flach- und Nasswäsche. Und damit kein Durcheinander entsteht, haben wir klar gekennzeichnete Wäschewagen für die unterschiedlichen Waschtemperaturen und zudem noch für helle und dunkle Wäsche.
Nach der Sortierung folgen die Waschmaschinen. Diese werden sukzessive durch Barriere-Waschmaschinen ersetzt werden. Die erste ist bereits in die Mauer eingelassen und in Betrieb. Das heisst, dass das Befüllen der Maschine im Schmutzbereich stattfindet, das Entladen auf der anderen Seite der Mauer, im Sauberbereich. In diesem Raum stehen auch die Tumbler. Übrigens: Die Abwärme der Tumbler hilft uns, die Handwäsche zu trocknen, ohne dass wir zusätzlich stromfressende Maschinen anstellen.
Bei den «alten» Frontlader-Waschmaschinen wird immer desinfiziert, bevor die Wäsche rausgenommen wird. Denn beim Einfüllen der Maschine berühren wir mit den Händen und Textilien die Maschine. Und wir wissen ja nie genau, was alles auf der Wäsche ist. Dadurch verhindern wir eine Rekontamination der Wäsche.
Zwei kleine Maschinen sind ausschliesslich für Spezialwäsche im Einsatz. Erhalten wir die Information, dass in einer Wohngruppe der Noro-Virus aktiv ist, wird diese Wäsche zuerst in den kleinen Maschinen mit einem desinfizierenden Spezialwaschmittel (RKI gelistet!) bei 40C° gewaschen. Da wir die Wäsche im Wäschesack waschen und nicht sehen was drin ist, empfehlen wir beim Textileinkauf darauf zu achten, dass keine hoch empfindlichen Textilien eingekauft werden, weil sie Schaden nehmen könnten. Übrigens haben wir auch im normalen Waschprogramm einen Anteil Bleichmittel drin um besser gegen eine mögliche Verkeimung geschützt zu sein und empfehlen darauf zu achten, dass die Textilien Bleich- und Chlorecht sind, eben aus dem Grund, dass sie keinen Schaden nehmen.
Nach dem Waschen mit dem desinfizierenden Waschmittel sortieren wir dann die Wäsche und geben sie im normalen Kreislauf nochmals zum Waschen. Im sauberen Bereich, neben dem Raum wo die Tumbler stehen, wird gefaltet, gebügelt, geflickt und gepatcht (Kennzeichnen der Bewohnerwäsche).

MAKK: Wo sehen Sie die grösste Gefahr von Infektionen oder Krankheitsübertragungen im Wäschekreislauf?

Ursina Schürmann: Da sind eindeutig die drei Möglichkeiten:

  • Unsauberes Arbeiten im Sortierbereich
  • Wenn schmutzige und saubere Wäsche sich kreuzen oder im gleichen Raum verarbeitet werden
  • Beim Be- und Entladen der Waschmaschinen

MAKK: Was machen Sie, damit diese Risiken minimiert werden können?

Ursina Schürmann: Einerseits stärken wir das Bewusstsein mit Informationen, Einarbeitung und regelmässigen Schulungen und zum anderen passen wir die Abläufe an und optimieren sie laufend. Dazu gehört natürlich auch unser Projekt mit den Barriere-Waschmaschinen und der damit zusammenhängenden strikten Trennung des Schmutz- und Sauber-Bereichs der Wäscherei.

MAKK: Haben Sie persönliche Tipps, die Sie Berufskolleginnen und Kollegen oder auch allgemeine unseren Lesern gerne weitergeben möchten?

Ursina Schürmann: Wenn es um das Thema Hygiene geht, gilt es vor allem, den gesunden Menschenverstand einzuschalten und informiert zu bleiben.

MAKK: Reagieren Sie im Alltag nicht bei jeder Kleinigkeit (Bsp. Schnupfen, Husten, etc.) mit einer Chemiebombe. Es gibt sehr gute Hausmittel für Vieles. Am besten fragt man seine Mutter oder Grossmutter.

Ursina Schürmann: Zudem ist die Händehygiene von zentraler Bedeutung. Aber sie muss richtig gemacht sein. Nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen sollte man die Hände am Morgen waschen und mit einer Schutzcreme pflegen. Danach sollte man nur noch mit Desinfektionsmittel arbeiten, sonst geht die natürliche Schutzschicht der Hände verloren. Nur wenn Hände sichtbar verschmutzt sind, sollten sie mit Seife gereinigt werden. Und die Hände sollten erst desinfiziert werden, wenn sie wirklich trocken sind (ca. 10 Minuten).
Ab und zu erhalte ich Meldung, dass jemand eine allergische Reaktion auf das Desinfektionsmittel hat. Ich prüfe dann zuerst, ob die Handhabung stimmt, bevor ich ein anderes Desinfektionsmittel organisiere und habe festgestellt, dass in 9 von 10 Fällen keine Allergie besteht. Und ist es doch so, dass eine Unverträglichkeit vorhanden ist, gebe ich für die Person ein Ersatzprodukt mit der gleichen Wirkungsweise ab.

Ursina Schürmann

Frau Schürmann ist Leiterin Hauswirtschaft der SSBL. Damit ist Sie für die Hygiene an 14 Standorten mitverantwortlich. In ihrer Laufbahn war die Hygiene immer ein wichtiges Thema und bleibt es auch weiterhin. Der gesunde Menschenverstand in Kombination mit guter Händehygiene sind für sie die Basis.
Ihre Freizeit verbringt die ehemalige Krankenschwester gerne im Garten oder geniesst einfach die Abendstimmung auf ihrer Terrasse, bei einem guten Glas Wein.
Wenn Sie Fragen zur Hygiene an Ursina Schürmann haben, dann schreiben Sie eine eMail an: ursina.schuermann@ssbl.ch.

SSBL

Die Stiftung für Schwerbehinderte Luzern (SSBL) begleitet und betreut Menschen mit einer geistigen oder mehrfachen Behinderung. Neben dem Haupthaus in Rathausen, gehören 10 weitere Standorte im Kanton Luzern zur Stiftung. Mehr als 400 Frauen, Männer und Kinder werden in Wohn- und Tagesgruppen betreut. Dafür setzen sich täglich rund 890 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein. Neben musischen und kreativen Ateliers können die Bewohnerinnen und Bewohner auch einer handwerklichen oder körperlichen Arbeit nachgehen. So auch in der Wäscherei in Rathausen. Weitere Infos unter: www.ssbl.ch.